Wie hilft Psychodynamische Psychotherapie?

Die Psychotherapie hat eine Vielzahl von Behandlungsverfahren hervorgebracht, die bei psychischen und psychosomatischen Störungen Anwendung finden. In keinem anderen Fachgebiet der Medizin ist das Behandlungsergebnis so von der aktiven Mitarbeit und Motivation der Patienten abhängig.
Um zu vermeiden, dass Patienten – wie leider vielfach noch üblich – zufällig in einem bestimmten Therapieverfahren behandelt werden, müssen Psychotherapeuten sich an den konkreten Behandlungserwartungen ihrer Patienten orientieren.

Die Psychotherapieforschung hat gezeigt, dass die Wahl des für Sie als Patienten am besten geeigneten Behandlungsverfahrens durchaus nicht beliebig ist. Bevor Sie sich für eine psychodynamische Psychotherapie entscheiden, wollen wir Ihnen daher deren grundsätzliche und auf einzelne Störungen anwendungsbezogene Besonderheiten näher erläutern.

Die psychodynamische Psychotherapie erlaubt Ihnen - ausgehend vom konkreten Symptom - die bestehenden Beschwerden (und dabei sich selbst) im Rahmen aktueller und früherer Lebenserfahrungen tiefer zu verstehen. Während andere Psychotherapieverfahren danach fragen, welche gestörte psychische Funktion zur Annäherung an eine Erwartungsnorm gebracht werden soll, ist der psychodynamische stets ein ganzheitlicher Behandlungsansatz.

Psychische und psychosomatische Störungsbilder (übrigens auch dann, wenn erbliche Belastungen vorliegen oder körperliche Erkrankungen eine Teilursache für die Symptomentstehung sind) entwickeln sich auf dem Boden prägender Erfahrungen und jeweils typischer Problemlösungsstrategien. Diese können durch teilweise unbewusste Konfliktmuster und fehlendes Einüben psychischer Funktionen erheblich eingeengt sein. Menschen zeigen dann in typischen Lebenslagen wiederholt unzureichende praktische, vor allem aber eingeschränkte emotionale (gefühlsmäßige) Bewältigungsfähigkeiten mit daraus resultierenden Misserfolgserfahrungen und weiteren Sekundärfolgen.

Während Patienten in der Schwere einer Belastung zunächst die alleinige Ursache für Stressreaktionen und nachfolgend psychische und psychosomatische Symptome erkennen und nach einer Veränderung äußerer Belastungsfaktoren streben, lehrt das Leben, dass viele Belastungen gar nicht vermeidbar sind. Auch lässt sich beobachten, dass andere Menschen in ähnlicher Lage weniger gestresst reagieren.

In der Psychodynamischen Psychotherapie fragen wir danach, weshalb Menschen aus ihren individuellen subjektiven Bedingungen heraus Belastungen nicht meistern können. Aktuelle psychische (und psychosomatische) Symptome sind nach diesem Verständnis selten allein auf die Schwere einer real vorhandenen Belastung zurückzuführen, sondern sind meistens auch die Spätfolge nicht ausreichender Bewältigungsprozesse aufgrund psychisch krankmachender früherer lebensgeschichtlicher Erfahrungen.

Ausgehend von einem spezifischen Störungswissen werden aktuelle Kontextbedingungen (Umwelteinflüsse) und biographische (lebensgeschichtliche) Erfahrungen auf der Grundlage eines konkreten Menschenbildes miteinander in Verbindung gebracht. Das Menschenbild beinhaltet ein nach Souveränität in den unvermeidbaren Konflikten des Lebens strebendes Subjekt, für das die Psychotherapie zu einem Weg der Selbstbefreiung wird, einer Befreiung aus verstrickten Beziehungserfahrungen, einer Befreiung von unbewussten (Fehl-)Haltungen und Wiederholungszwängen und verzerrten inneren Bildern der äußeren (Beziehungs-)Realität.

Der Psychotherapieprozess wird zur Chance einer verstandes- und gefühlsmäßigen Neu-Erfahrung, die es Patienten erlaubt, ihre psychischen und psychosomatischen Symptome als unbewusste Kompromissbildungen in der Verbindung zwischen aktuellen Lebensproblemen und verinnerlichten Anpassungsleistungen an krankmachende frühere Beziehungserfahrungen zu verstehen.

So wird der Psychotherapeut zum Geburtshelfer von Entwicklungschancen seines Patienten, was diesem einen neuen Blick auf sich selbst, die eigene Symptomatik, deren Bedeutung und deren Veränderbarkeit ermöglicht. Das psychische oder psychosomatische Symptom verliert seine unbewusste Funktion im innerseelischen Kräftespiel und Menschen erlangen ein wesentlich erweitertes Spektrum zur Bewältigung innerer und äußerer Belastungen. Ein vertieftes Verständnis für sich und andere lässt Ängste schwinden. Das Repertoire, auf leidvolle Beziehungserfahrungen zu reagieren, erweitert sich um bislang ungekannte oder angstvoll gemiedene Wege. Beziehungen gelingen und erlauben Erfahrungen von Nähe und Selbstwertbestätigung.